Karl-Heinz Heming

Holz ist das Material, aus dem Karl-Heinz Hemings Skulpturen gefertigt sind. Vornehmlich Pappel, oftmals kombiniert mit Flugzeugsperrholz aus Birke und gelegentlich sparsam ergänzt um die Materialien Plexiglas und PVC-Folie dienen ihm als Basis sämtlicher Überlegungen. Seine Arbeiten leben von der Reibung der miteinander verbundenen Materialien. Sie ist es, die sich unmittelbar beim Betrachter bemerkbar macht und ihn aufmerksam werden lässt.

 

 

 

 

 

 

 

Dabei sind alle Werke Resultat von Berechnungen und Experimenten, wie auch von Spaß am Spiel. Spannungsreiche Zeugen der Logik und ihrer Überwindung. In der Regel überträgt sich das Gefühl von Spannung in Hemings Skulpturen weniger durch ie Vielfalt kontrastierender Werkstoffe. Es ist vielmehr das gewissenhafte Ausloten der Möglichkeiten eines Materials, des Holzes, das seine Arbeit prägt. Insbesondere die unterschiedlichen Grade an Flexibilität der Hölzer reizen den Künstler. Darüber hinaus folgen alle Werke dem Prinzip innerer Notwendigkeit, die Heming erkennt und ihr als Vorgabe folgt. Er respektiert sie generell und nimmt sie als wesentlichen Bestandteil seiner Arbeiten in Kauf. Die Struktur des verwendeten Materials ist es demnach letztlich, welche die Handlungsweise des Künstlers bestimmt.

Gelegentlich tastet sich der Künstler vorsichtig an die Grenzen des Möglichen heran, um die äußerste Belastbarkeit des Holzes zu erfassen. Doch auch hier beugt er sich in letzter Instanz den Vorgaben des Werkstoffes, will er das Objekt nicht zerstören.

Mehrfach korrespondieren runde und quadratische Formen in einem Objekt miteinander. Folge davon ist eine Polarität, die das gesamte Werk des Künstlers durchzieht. Denn Heming gelingt es, Ursprünglichkeiten der benutzten Werkstoffe, gleich einer Verdrehung ihrer Prinzipien, in ihr Gegenteil zu wandeln, um dadurch ungewohnte Erkenntnisse über anscheinend so Vertrautes zu ermöglichen.

Sofern Farbe als PVC-Folie oder Plexiglasscheibe ihren Einsatz findet, variiert Heming dadurch das Spiel der Spannung. Gewölbt oder als schmale Streifen ins Holz eingelassen, stoßen hier lebendiges Material und sehr steriler, beinah aseptischer Kunststoff aufeinander. Heming stellt sich dieser Verbindung und ihren Grenzen, die in der Natur der gegensätzlichen Stoffe begründet liegt. Bunte Farbe stößt auf natürliche Holzmaserung, einander herausfordernd, ohne, dass dabei einer als Sieger in Erscheinung tritt. Immer wieder treffen in Karl-Heinz Hemings Arbeiten harte Materialien auf weiche. Es sind harte Formen und gegensätzliche Farben, die auf weiche stoßen und Fragen aufwerfen. Fragen, etwa nach dem Herstellungsprozess oder der inneren Notwendigkeit der benutzten Materialien. Aber auch Fragen, die über den Herstellungsprozess hinausgehen, lassen sich stellen. Fragen beispielsweise nach dem Sinn einer Wertung. Gibt es in diesen Arbeiten wirklich ein Hart und ein Weich? Gibt es ein Stehen und Liegen? Gibt es ein Innen und ein Außen? Gibt es den Mantel und den Kern, der sich oftmals so anschaulich anbietet?

Das Werk von Karl-Heinz Heming lädt dazu ein, nachzudenken über Themen wie Spannung und Entspannung, stabil und zerbrechlich, Mantel und Kern. Es gibt Gelegenheit zu erkennen, dass diese und zahlreiche weitere Gegensatzpaare erst durch Wertung zu wirklichen Gegensätzen werden. Wertung hat mit Wert zu tun und eine Beurteilung kann schnell zu einer Verurteilung werden. Die Arbeiten von Karl-Heinz Heming demonstrieren die Gleichwertigkeit und Notwendigkeit eines Miteinander. Spannung bedarf der Entspannung, oder eines ruhenden Pols, der seinerseits von der Dynamik des anderen profitiert. So entsteht Ausgewogenheit. Und die ist spürbar in allen Werken von Karl-Heinz Heming, die trotz aller vordergründigen Gegensätze und Spannungen in sich ruhend und beruhigend sind.

Dr. Christian Krausch